Bildungs- und Informationsveranstaltung: Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz

NITSA-Logo faviconAm 22./23. Juni 2017 lädt NITSA e.V. zu einer Bildungs- und Informationsveranstaltung zum Thema „Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz“ ein. Die Veranstaltung findet in den Räumen des Sozialverbands Deutschland e.V., Stralauer Straße 63, 10179 Berlin statt. Zielgruppe sind in erster Linie Menschen mit Assistenzbedarf, aber auch Vereine oder Organisationen, die Menschen mit Assistenzbedarf beraten oder Assistenz organisieren.

Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen Verena Bentele wird mit einem Grußwort die Veranstaltung eröffnen.

Ausführliche Information sowie die Möglichkeit zur Anmeldung findet man unter:
Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Assistenz

Als Referenten und Moderatoren haben zugesagt:

Marc Nellen, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Leiter der Projektgruppe „Bundesteilhabegesetz“

Matthias Münning, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe

Horst Frehe, Forum behinderter Juristinnen und Juristen

Raul Krauthausen, Berliner Autor. Aktivist

Barbara  Vieweg, Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.

Dr. Harry Fuchs, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Düsseldorf (Sozial- und Kulturwissenschaften), Abteilungsdirektor a.D. und freiberuflich tätiger Sozialexperte und Politikberater

Ottmar Miles-Paul, langjähriger Behindertenbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz und Organisator der Kampagne „Für ein gutes Bundesteilhabegesetz“

Neue Kriterien für die Einstufung in Pflegegrade

faviconSeit Januar 2017 gelten neue Kriterien bei der Einstufung in die nun sogenannten Pflegegrade. Menschen mit Behinderung, die vormals die Pflegestufe 3 hatten, wurden automatisch in den Pflegegrad 4 übernommen. Lediglich diejenigen, die bereits 2016 die Pflegestufe 3+ hatten, kamen in den Pflegegrad 5. Weit verbreitet war jedoch (fälschlicherweise) die Annahme, dass der Pflegegrad 5 nur bei einer eingeschränkten Alltagskompetenz erreicht werden könne.

In einigen Fällen (im besonderen weit fortgeschrittenen Muskelerkrankungen und hohen Querschnitten) wurde bei der Höherstufung jedoch nicht berücksichtigt, dass sich die Kriterien geändert hatten. Bei bestimmten Voraussetzungen (s.u.) haben nun auch Menschen ohne eingeschränkte Alltagskompetenz die Möglichkeit, in den Pflegegrad 5 eingestuft zu werden und damit Anspruch auf 901 € Pflegegeldleistungen anstelle von zuvor lediglich 728 € monatlich zu bekommen.

Dieser Besonderheit liegt der § 15 Abs. 4 SGB XI zugrunde:
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

Nach Meinung des Bundesministeriums für Gesundheit trifft diese Bedarfskonstellation dann zu, wenn “Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine“ (vollständiger Verlust der Greif-, Steh und Gehfunktionen) besteht, z.B. bei Menschen im Wachkoma oder auch hochgradigen Kontrakturen.

Eine vollständige „Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine“ kann aber auch bei einer weit fortgeschrittenen Muskelerkrankung oder einem hohen Querschnitt auftreten.

Deshalb empfiehlt NITSA e.V. bei einer automatischen Einstufung in den Pflegegrad 4 im Zusammenhang mit der besonderen Bedarfskonstellation der Gebrauchsunfähigkeit aller 4 Gliedmaßen, eine neue Einstufung zu prüfen. Eine neue Begutachtung hierzu ist nicht notwendigerweise erforderlich! Sofern die Aktenlage eindeutig ist, ist eine Entscheidung auch ohne eine erneute Begutachtung möglich.

Diesen Sachverhalt beschreibt §18 Abs.2 Satz 4 SGB XI:
Die Untersuchung im Wohnbereich des Pflegebedürftigen kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn auf Grund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht.

Will heißen, wenn die Einschränkung vor der Überleitung von der Pflegestufe auf den Pflegegrad bekannt und dokumentiert war, ist eine erneute Antragstellung/ Überprüfung hinfällig.

Am besten, Sie wenden sich diesbezüglich schriftlich an Ihre Pflegekasse. Nachfolgender Text stellt hierzu einen Musterbrief zur Verfügung:


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Einführung der Neuerungen im Zusammenhang mit dem Pflegestärkungsgesetz III zum 01.01.2017 wurde ich/meine Frau/mein Mann… automatisch von der Pflegestufe III in den Pflegegrad 4 überführt. Hier wurden offenbar die Besonderheiten nach § 15 Abs. 4 SGB XI nicht beachtet, welche besagen, dass Pflegebedürftige, die einen spezifischen, besonders hohen Pflegebedarf haben, auch dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, wenn ihre Gesamtpunktezahl unter 90 liegt, mit anderen Worten, auch wenn sie keine Einschränkung in ihrer Alltagskompetenz haben.

Ich habe eine weit fortgeschrittene Muskelerkrankung/einen Querschnitt in der Höhe…/…, die eine Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine mit sich bringt.

Die erforderliche Bedarfskonstellation für den Pflegegrad 5 ist bei mir also gegeben.

Optional: da aufgrund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung bereits vorliegt, bitte ich Sie gemäß § 18 Abs. 2 Satz 4 von einer Neubegutachtung abzusehen und nach Aktenlage zu entscheiden.

Optional: ich beantrage deshalb eine Neubegutachtung durch den MDK zur Feststellung des Pflegegrades.

Mit freundlichen Grüßen


NITSA e.V. wünscht allen unseren Lesern viel Erfolg!