Stellungnahme zum Bericht der Bundesregierung bzgl. Stand und Ergebnisse der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes

faviconDie Bundesregierung veröffentlichte Ende des Jahres 2022 den lange erwarteten Bericht bzgl. Stand und Ergebnisse der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes (Drucksache 20/5150).

Das Netzwerk für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz (NITSA e.V.) hat den darin enthaltenen Abschlussbericht der Kienbaum Consultants International GmbH zur wissenschaftlichen Untersuchung der modellhaften Erprobung der Verfahren und Leistungen nach Artikel 1 Teil 2 des Bundesteilhabegesetzes vom 29. Dezember 2016 einschließlich ihrer Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung ausgewertet und zum Regelungsbereich „Einkommens- und Vermögensheranziehung“ eine Stellungnahme verfasst:

Link zur Langfassung der Stellungnahme: PDF-Dokument

Kurzfassung

Der Abschlussbericht der Kienbaum Consultants International GmbH zeigt, dass die reformierte Anrechnung von Einkommen und Vermögen zu einem starken Rückgang von Leistungsberechtigten mit Einkommenseinsatz geführt hat. Von ursprünglich 74 % der Eingliederungshilfeempfänger sind es nunmehr nur noch 3 %. Gleichzeitig sank der durchschnittliche monatliche Einkommenseinsatz auf ein Viertel von 342 € auf 86 €. Durch die Anrechnung von Einkommen wird folglich nur noch 1% der ursprünglichen Summe eingenommen.

Ebenso wenig stieg die Zahl der Leistungsberechtigten, im Gegenteil. Trotz angehobener Einkommens- und Vermögensfreigrenzen sank sogar die Zahl der Leistungsberechtigten in den Jahren 2019 und 2020. Der durch die Kostenträger prognostizierte Anstieg der Leistungsberechtigten hat sich nicht bewahrheitet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es keinen einzigen Sachgrund für die Beibehaltung der Einkommens- und Vermögensheranziehung im SGB IX gibt. Die Einnahmen aus der Einkommensanrechnung sind nur noch marginal und stellen für das verbleibende Prozent der Zahlungspflichtigen eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung dar. Nicht einmal das Argument des Anstiegs der Leistungsberechtigten verfängt. Daher fordern wir die unverzügliche Abschaffung der Einkommens- und Vermögensheranziehung, zumal diese, wie der Abschlussbericht zeigt, Personen im Erwerbsalter mit ambulantem Hilfebedarf und hohen „besonderen Belastungen“ gegenüber dem alten Recht schlechter stellt.

Stellungnahme zum Referentenentwurf zu einem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes

faviconVorbemerkung

Das Netzwerk für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz (NITSA e.V.) setzt sich seit seiner Gründung für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein. Ziel unserer Arbeit ist die Erlangung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Partizi-pation, basierend auf dem Modell der selbstbestimmten Assistenz.

Stellungnahme

Grundsätzlich begrüßen wir einige Vorschläge des Entwurfs des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes, insbesondere das Ziel, dass “Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt am Arbeitsleben teilhaben können.”.

Gleichzeitig vermissen wir einen entscheidenden Baustein zur Herstellung von Gleichberech-tigung von behinderten Arbeitnehmer*innen und ihren Kolleg*innen. Im Sinne der UN-BRK for-dern wir die Aufhebung der Einkommens- und Vermögensanrechnung für Leistungsempfänger der Eingliederungshilfe.

Menschen mit Behinderung mit einem Bedarf an Leistungen der EGH müssen heute einen Einkommens- und Vermögensbeitrag zahlen und sind so gegenüber ihren Kolleg*innen deut-lich schlechter gestellt. Dies widerspricht der UN-BRK und hat negative Auswirkungen auf die Motivation und Karrieregestaltung dieser Personen.

Mit dem BTHG wurde ein großer Schritt hin zur Abschaffung der Einkommens- und Vermö-gensanrechnung unternommen. Unser Eindruck aus den bereits veröffentlichten Ergebnissen aus der begleitenden Studie ist: Es gibt Verbesserungen für viele Menschen mit Behinderung. Die Einnahmen aus der Einkommensanrechnung sind sehr stark gesunken. Die neuen Rege-lungen sind für einige Personen, insbesondere Personen mit hohem Unterstützungsbedarf, genauso schlecht bzw. sogar noch schlechter als die alten Regelungen. Dadurch sind die finanziellen Aussichten für Menschen, die trotz hohem Hilfebedarf hochmotiviert einen Ausbil-dungs- oder Studienabschluss machen und in ihr Berufsleben starten wollen, demotivierend und entmutigend. Die erwartete Flut der Neuanträge scheint trotz deutlich verbesserter An-rechnung ausgeblieben zu sein. Deshalb muss nun auch der (kleine) verbliebene Teil der An-rechnung fallen.

Link zur Stellungnahme: PDF-Dokument