SPD-interner Widerstand gegen Zwangspoolen von Assistenzleistungen

faviconIn der baden-württembergischen SPD regt sich Widerstand gegen das Zwangspoolen von Assistenzleistungen.

Die Arbeitsgemeinschaft Selbst Aktiv Baden-Württemberg (Menschen mit Behinderung in der SPD) stellte beim kleinen SPD-Landesparteitag in Bruchsal am 28. April 2018 einen Antrag, wonach der Gesetzgeber sicherstellen muss, dass die gemeinsame Leistungserbringung nur mit Zustimmung der betroffenen Menschen mit Behinderung erfolgen kann. Der Antrag wurde unverändert und einstimmig angenommen (siehe Pressemeldung auf der Selbst Aktiv BW Homepage).

NITSA e.V. begrüßt diesen Beschluss, der nur ein Anfang der SPD-internen kritischen Auseinandersetzung mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) sein kann. Weitere Mängel des BTHG, wie z.B. die drohenden Einkommenseinbußen bei schwerstpflegebedürftigen und blinden Menschen, müssen angegangen werden. Dabei darf keine Rücksicht darauf genommen werden, dass das BTHG von einem SPD-geführten Ministerium erarbeitet wurde.

Forderungen an die Verhandlungsführer der zukünftigen Koalition

faviconDas im letzten Jahr beschlossene Bundesteilhabegesetz (BTHG) heißt im vollen Wortlaut „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“. Außerdem sollte mit dem BTHG die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) umgesetzt werden. Die UN-BRK garantiert dabei die volle und wirksame Partizipation gleichberechtigt mit anderen an der Gesellschaft.

Gemessen an diesem garantierten Anspruch und an dem vom Gesetzgeber selbst formulierten Anspruch der Stärkung von Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen kann das BTHG allenfalls als missglückter Anfang eines vermutlich noch lang andauernden Prozesses angesehen werden.

Als Teil des Souveräns erteilen wir einer künftigen Regierung den Auftrag, in der aktuellen Legislatur das BTHG an den Stellen, die nicht im Einklang mit der UN-BRK stehen (z.B. Zwangspoolen von Assistenz, besondere Einrichtungen) zu bereinigen sowie das BTHG im Sinne des Progressions-Gedanken der UN-BRK tatsächlich hin zu einer Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen weiter zu entwickeln.

Als Menschen mit Assistenzbedarf haben wir hierzu 7 essentielle Forderungen aus unserer Sicht aufgestellt, die richtungsweisend aber nicht vollständig sein sollen. Damit das BTHG tatsächlich in der aktuellen Legislatur weiter entwickelt wird, müssen diese Punkte auch in den Sondierungsgesprächen spätestens jedoch bei Koalitionsgesprächen und einem Regierungsprogramm thematisiert sein.

Forderungen von Menschen mit behinderungsbedingtem Assistenzbedarf an die Verhandlungsführer der zukünftigen Koalition

Kosten der neuen Einkommens- und Vermögensanrechnung weit überschätzt

faviconLaut Kostenfolgeschätzung zum Bundesteilhabegesetz (BTHG, S. 5) verursacht die veränderte Anrechnung von Einkommen und Vermögen, neben den zusätzlichen Ausgaben in der Grundsicherung, die höchsten Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen. Für die Jahre 2017 – 2019 betragen diese hiernach 91 Mio. €, 95 Mio. € und 99 Mio. € und ab dem Jahr 2020 jährlich 355 Mio. €.

Die Höhe der genannten Beträge veranlasste uns, die Kostenfolgeschätzung aus dem Entwurf zum BTHG auf den Prüfstand zu stellen. Beginnend im Januar 2017 tauschten wir uns über Monate hinweg mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) aus, bis wir alle Berechnungsschritte zur Kostenfolgeschätzung nachvollziehen konnten. Die Berechnungen und die daraus abgeleiteten Ergebnisse stellen wir nachfolgend vor. Eine vergleichbare Detailtiefe hierzu dürfte den meisten bislang nicht begegnet sein.

Wir haben die Kalkulation in zwei Excel-Dateien vorgenommen:

  1. BMAS-Variante der Kalkulation
  2. NITSA-Variante der Kalkulation

Diese Dateien nutzen VBA-Makros, deren Ausführung zur korrekten Darstellung erlaubt werden muss. Da die Berechnungen sehr umfangreich sind, wurde zum besseren Verständnis der Rechenschritte ein erläuterndes PDF-Dokument verfasst.

Das BMAS bescheinigte uns per Mail die grundsätzliche Richtigkeit der Berechnungen in der BMAS-Variante. Die verbleibenden Abweichungen resultieren aus „unterschiedlichen Annahmen beim Umgang mit dem statistischen Material und unterschiedlichen Vorgehensweisen im Detail“.

Ungeachtet dessen konnten wir einen systematischen Fehler in der BMAS-Variante identifizieren: Obwohl in den Jahren 2017 – 2019 nur der Einkommenseinsatz über der Einkommensgrenze durch das BTHG verändert wurde, gingen in die BMAS-Berechnungen auch die unveränderten Anteile des Einkommenseinsatzes unterhalb der Einkommensgrenze ein. Weiterhin wurde fälschlicherweise der Wegfall von Einnahmen für Mittagessen in teilstationären WfbM angenommen. Das BTHG tangiert jedoch die zuvor genannten Einnahmen überhaupt nicht.

Diese und weitere kleinere Korrekturen wurden in der NITSA-Variante berücksichtigt, wobei das Ergebnis für sich spricht: Allein für die Jahre 2017 – 2020 wurden die

Kostenfolgen um 200 Mio. € zu hoch geschätzt.

Das entspricht rund einem Drittel der geschätzten Gesamtkosten!

Es geht dabei um vorgesehene Verbesserungen bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung, die die Menschen mit Behinderung niemals erreichen werden. Diese Gelder werden stattdessen in den Haushalten der Länder und Gemeinden zweckentfremdet verausgabt, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Wir sind davon überzeugt, dass die Evaluation der fachlichen und finanziellen Auswirkungen des BTHG unsere Berechnungen bestätigen wird. Bereits für das Jahr 2017 werden erste Ergebnisse vorliegen.

Wir fordern, dass wirklich alle vorgesehenen Finanzmittel bei den betroffenen Menschen mit Behinderung ankommen. U.a. setzen wir uns dafür ein, dass mit diesen Mitteln die finanzielle Schlechterstellung schwerstpflegebedürftiger und blinder Menschen im neuen Recht ab 2020 aufgrund des Fehlens einer analogen Regelung zu § 87 Abs. 1 SGB XII rückgängig gemacht wird.

BAR-Interview zu Erwerbsarbeit und Einkommen

faviconDie Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) befasst sich in der Reha-Info-Ausgabe 04/2017 mit dem Thema Erwerbsarbeit und Einkommen von Menschen mit Behinderung. Helga Seel (Geschäftsführerin der BAR) betont im Editorial, dass die Verbesserung der Integrationschancen von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dringend geboten sei. „Erwerbstätigkeit unter fairen Bedingungen ist das vorrangige Ziel.“

Im Reha-Info-Interview spricht NITSA-Vorstandsmitglied Harry Hieb über die Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeitswelt auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, über die großen Einkommensunterschiede zwischen Menschen mit und ohne Behinderung und über die vermeintlichen Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen durch das Bundesteilhabegesetz.

ZEIT Online: „Inklusion ist reine Illusion“

faviconZEIT Online portraitierte in einem Artikel vom 31.07.2017 drei Menschen, die trotz ihrer Behinderungen einen guten Job auf dem ersten Arbeitsmarkt finden konnten, darunter die beiden NITSA-Vorstände Thomas Schulze zur Wiesch und Harry Hieb. Der Artikel zeigt: Es gibt durchaus Unternehmen, die Diversität leben und Menschen mit Behinderung offen begegnen. Auf der anderen Seite benachteiligt der Staat auch weiterhin diese Menschen durch Kostenbeiträge für ihre Assistenz, die sie aus ihrem eigenen Einkommen aufbringen müssen.

Der Artikel wurde intensiv von Lesern kommentiert. Dabei ist manch ein Leser der Meinung, Assistenz sei Luxus, und dass Kostenbeiträge zur Assistenz z.B. mit Kitagebühren vergleichbar wären. Die Bewusstseinsbildung für die Belange von Menschen mit Behinderung ist ein zentrales Element der UN-BRK. Einige Kommentatoren zeigen mit ihren Beiträgen, wie wichtig dieses Anliegen nach wie vor ist.

Dokumentation zur NITSA-Veranstaltung „Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz“ online

"Quo vadis? BTHG"Ende Juni folgten zahlreiche Menschen mit Assistenzbedarf, aber auch Vereine oder Organisationen, die Menschen mit Assistenzbedarf beraten oder Assistenz organisieren, der NITSA-Einladung zu einer ersten Bestandsaufnahme hinsichtlich der praktischen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Im Rahmen der Bildungs- und Informationsveranstaltung „Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz“ sprachen unter anderem Marc Nellen (BMAS), Matthias Münning (BAGüS) und Dr. Harry Fuchs (Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Düsseldorf).

Zwischenzeitlich ist die Dokumentation zur Veranstaltung online auf der NITSA-Homepage abrufbar. Dort findet sich auch eine Sammlung aller Vorträge.

Bildungs- und Informationsveranstaltung: Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz

NITSA-Logo faviconAm 22./23. Juni 2017 lädt NITSA e.V. zu einer Bildungs- und Informationsveranstaltung zum Thema „Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Persönlichen Assistenz“ ein. Die Veranstaltung findet in den Räumen des Sozialverbands Deutschland e.V., Stralauer Straße 63, 10179 Berlin statt. Zielgruppe sind in erster Linie Menschen mit Assistenzbedarf, aber auch Vereine oder Organisationen, die Menschen mit Assistenzbedarf beraten oder Assistenz organisieren.

Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen Verena Bentele wird mit einem Grußwort die Veranstaltung eröffnen.

Ausführliche Information sowie die Möglichkeit zur Anmeldung findet man unter:
Das Bundesteilhabegesetz und die Zukunft der Assistenz

Als Referenten und Moderatoren haben zugesagt:

Marc Nellen, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Leiter der Projektgruppe „Bundesteilhabegesetz“

Matthias Münning, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe

Horst Frehe, Forum behinderter Juristinnen und Juristen

Raul Krauthausen, Berliner Autor. Aktivist

Barbara  Vieweg, Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.

Dr. Harry Fuchs, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Düsseldorf (Sozial- und Kulturwissenschaften), Abteilungsdirektor a.D. und freiberuflich tätiger Sozialexperte und Politikberater

Ottmar Miles-Paul, langjähriger Behindertenbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz und Organisator der Kampagne „Für ein gutes Bundesteilhabegesetz“

Erneuerter Angriff auf das anteilige Pflegegeld

faviconNun geht der Angriff auf das anteilige Pflegegeld beim Arbeitgebermodell in eine weitere Runde. Während zunächst begründet wurde, dass der § 66 durch Einführung des Bundesteilhabegesetzes geändert worden sei und die Neufassung in § 63b „übersehen“ wurde, wurde eine vollständige Anrechnung mit den Abs. 4 und 5 des § 63b begründet. Wir berichteten in zwei Blogs  (Anspruch auf pauschales Pflegegeld bleibt, Anteiliges Pflegegeld zunehmend unter Beschuss) und in kobinet.

Die Kostenträger lassen jedoch nicht locker: Nun wird der Absatz 6 des § 63b als Begründung herangezogen, um am Ziel, das Pflegegeld vollständig zu kürzen, festzuhalten. Auch hierzu erreichte uns die Information, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt.

Wir haben deshalb wieder unser NITSA-Mitglied und Kölner Juristen Carl-Wilhelm Rößler gebeten, seine Sichtweise zu dieser Rechtsauffassung darzulegen:

„Sofern von Seiten des Sozialhilfeträgers unter Berufung auf § 63b Abs. 6 SGB XII der Entzug des anteiligen Pflegegeldes aus Sozialhilfemitteln begründet wird, ist diese Rechtsauffassung unzulässig.

§ 63b Abs. 6 SGB XII enthält lediglich eine Sonderregelung für Arbeitgebermodelle dergestalt, dass diejenigen Leistungsberechtigten, die ihre Assistenz in Form eines Arbeitgebermodells organisieren, nicht auf Sachleistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI verwiesen werden können. Mit dieser Vorschrift wird das Arbeitgebermodell privilegiert und geschätzt. Die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung wäre beim Arbeitgebermodell nicht möglich, weil der Pflegebetrieb im eigenen Haushalt kein ambulanter Pflegedienst im Sinne der Pflegeversicherung ist. Demzufolge erbringt die Pflegekasse für das Arbeitgebermodell lediglich Pflegegeld, die höheren Pflegesachleistungen können hingegen für ein Arbeitgebermodell nicht in Anspruch genommen werden, was für den nachrangig zuständigen Sozialhilfeträger mit höheren Kosten verbunden ist. Im Gegenzug zur Privilegierung des Arbeitgebermodells wird jedoch das Pflegegeld der Pflegekasse vollumfänglich in das Arbeitgebermodell einbezogen und somit vollständig angerechnet. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass nur das Pflegegeld der Pflegekasse (!) gemäß § 63b Abs. 6 SGB XII anzurechnen ist, was dem Gesetzestext eindeutig entnommen werden kann.

Hätte der Gesetzgeber an dieser Stelle an das Pflegegeld aus Sozialhilfemitteln gedacht, hätte er den Verweis auf das Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch nicht gesetzt, sondern vom Pflegegeld nach § 64a gesprochen. Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch wäre an dieser Stelle nicht erwähnt worden, denn derartige Verweise werden lediglich eingefügt, wenn auf ein externes Gesetz verwiesen werden soll.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass § 63b Abs. 6 SGB XII die Anrechenbarkeit des Pflegegeldes nur für das Pflegegeld der Pflegekasse bezieht, nicht aber auf das Pflegegeld nach den Bestimmungen der Sozialhilfe.

Diese Sichtweise erscheint auch systematisch nachvollziehbar, denn § 63b Abs. 6 SGB XII regelt den Ausschluss des Verweises auf Pflegesachleistungen der Pflegekasse und kompensiert die damit verbundenen Belastungen für die Sozialhilfe teilweise dadurch, dass das Pflegegeld der Pflegekasse im Gegenzug vollumfänglich angerechnet wird. Vom Pflegegeld der Sozialhilfe ist hier nicht die Rede!“

Auch hier empfehlen wir allen Betroffenen, bei einem entsprechenden Schreiben Widerspruch beim Kostenträger einzulegen und ggf. zu klagen, falls der Kostenträger bei seiner Rechtsauffassung  bleiben sollte.

Da der § 63b SGB XII nur 6 Absätze hat, hoffen wir, dass nun nicht zuletzt auch mangels weiterer Absätze keine weiteren Versuche mehr von seiten der Kostenträger unternommen werden, das anteilige Pflegegeld weiter in Frage zu stellen.

Anteiliges Pflegegeld zunehmend unter Beschuss

faviconNITSA e.V. hat am 30. März 2017 darauf hingewiesen (Anspruch auf pauschales Pflegegeld bleibt), dass auch nach dem Pflegestärkungsgesetz III (PSG III) weiterhin ein Anspruch auf das anteilige Pflegegeld bestehen bleibt. Es häufen sich bundesweit weiter die Mitteilungen an NITSA e.V., dass Kostenträger die Rechtsauffassung vertreten, das anteilige Pflegegeld nicht mehr zahlen zu müssen.

Neben der bereits veröffentlichten Ansicht, dass der § 66 SGB XII (altes Recht) geändert/abgeschafft worden sei, wurde nun eine Rechtsauffassung bekannt, die basierend auf dem § 63 b SGB XII (PSG III) argumentiert, dass Abs. 4 die Anrechnung des Pflegegeldes auf vorrangige Leistungen fordert und die Beschränkung der Anrechnung um 2/3 erst im Absatz 5, also danach, erfolge. Daraus wird abgeleitet, dass der Anspruch auf Pflegegeld mit Einführung des PSG III zu Jahresbeginn beim Arbeitgebermodell wegfällt.

Hierzu eine Stellungnahme unseres NITSA-Mitgliedes und Kölner Juristen Carl-Wilhelm Rößler, der bereits beim Bundesteilhabegesetz (BTHG) als Sachverständiger für das Forum behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ) an vorderster Front aktiv war:

„Entgegen der geschilderten Rechtsauffassung besteht der Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von mindestens einem Drittel auch nach Einführung des Pflegestärkungsgesetzes III fort.

Insbesondere bildet § 63b Abs. 4 S. 2 SGB XII keine taugliche Rechtsgrundlage für die künftige Verweigerung des anteiligen Pflegegeldes. § 63b SGB XII bezieht sich allein auf Szenarien eines vorübergehenden Aufenthalts in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von Personen, die ihre Pflege durch ein Arbeitgebermodell organisieren. In diesen Fällen sind vorrangige Leistungen nach dem SGB XI (!) anzurechnen.

Im vorliegenden Fall jedoch geht es nicht um den Umgang mit dem Pflegegeld nach dem SGB XI für den Fall eines Krankenhausaufenthalts durch den Assistenznehmer, sondern um die kontinuierliche Bewilligung und Auszahlung eines anteiligen Pflegegeldes nach den Bestimmungen des SGB XII. Dies wird auch deutlich gemacht durch die verschiedenen Bezeichnungen des Pflegegeldes. Während § 63b SGB XII von Pflegegeld nach den §§ 37 und 38 des Elften Buches spricht, bezieht sich § 63b Abs. 5 lediglich auf das Pflegegeld. Es ist zwingend davon auszugehen, dass insoweit das Pflegegeld nach dem SGB XII genannt ist, welches wie auch schon in der Vergangenheit, um bis zu zwei Drittel gekürzt werden kann.

Diese Rechtsauffassung wird zudem gestützt durch die Kabinettsvorlage zum Pflegestärkungsgesetz III. Einzelheiten sind Seite 95 der Vorlage zu entnehmen: Pflegestärkungsgesetz III

Aus alledem wird deutlich, dass eine Kürzung des anteiligen Pflegegeldes über die bisherigen 2/3 hinaus nicht in Betracht kommt, im Gegenteil, die geplante Vorgehensweise ist rechtswidrig und verletzt die Betroffenen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten.“

Wer also ebenfalls von seinem Kostenträger ein Schreiben oder einen Bescheid erhält, der das Pflegegeld in Frage stellt, sollte Widerspruch einlegen und klagen, wenn der Kostenträger weiter auf seiner Rechtsauffassung besteht. Um das Ausmaß dieser bundesweiten Kampagne besser bewerten zu können, bittet NITSA e.V. um Zusendung solcher Schreiben und Bescheide.

Anspruch auf pauschales Pflegegeld bleibt

faviconAktuell häufen sich die Schreiben einiger Sozialämter und informieren über die Einstellung der Leistungen zum pauschalen Pflegegeld gemäß § 66 SGB XII, mit der Begründung, dass der § 66 durch Einführung des Bundesteilhabegesetzes geändert worden sei.

Das ist grundsätzlich richtig. Die Sachbearbeiter haben aber nicht erkannt, dass der besagte § 66 Abs. 2 Satz 2 SGB XII alte Fassung (Kürzung des sozialhilferechtlichen Pflegegeldes um höchstens 2/3) inhaltsgleich in § 63 b Abs. 5 SGB XII neue Fassung übernommen wurde, also genauso weiter gilt wie bisher.

Also nicht von den Kostenträgern ins Bockshorn jagen lassen. Der Anspruch auf Leistungen des „pauschalen Pflegegeldes“ (mindestens 1/3 des Pflegegeldes der Pflegeversicherung) gilt weiterhin, sowohl im Arbeitgebermodell als auch bei der Assistenz über einen ambulanten Dienst. Wenn derartige Schreiben ins Haus flattern, unbedingt in Widerspruch gehen und notfalls auch klagen.